1. Auswärtsspiel im Cineding, Leipzig (14.01.2012)

Veröffentlicht von kaylahausmann am

Das Jahr 2012 startete für Schoko mit Gurke, allen Weltuntergangstheorien zum Trotz, mit einem ganz besonderen Ereignis: Zum ersten Mal sollten wir Halles Tore verlassen, um ein Auswärtsspiel zu bestreiten. Selbstverständlich kann es kein Schauspiel ohne Bühne geben, die Publikum, Spieler und Spiel ins Trockene bringt. Nora und Sebastian, stolze Adoptiveltern des jüngst wiedereröffneten Szene-Kinos Cineding,boten uns den Großen Saal eben jener Stätte an. Wie sollten wir da widerstehen? Improvisationstheater im Kino erschien uns eine interessante Konstellation, schließlich tragen wir unsere Hybridaffinität bereits im Namen.

So wurden in Halle Koffer, Klamotten und Klavier in drei ps-starke Karossen gepuzzelt und auch die Spieler hatten glücklicherweise noch Platz – der Fahrt nach Leipzig stand nichts mehr im Wege! Dort angekommen schafften wir gerade noch den Technik- und Klavieraufbau, bevor die erste Überraschung zur Tür herein kam: Ein Fotograf der Leipziger Volkszeitung wollte ein paar Schnappschüsse für die Tagespresse und kündigte für den Auftritt eine schreibende Kollegin an, die gern über uns berichten wollte. So posierten wir artig im noch leeren Kinosaal, wobei man uns sicherlich die Presseunerfahrenheit deutlich anmerkte. Als wir dann aber sahen, dass immer mehr Gäste hereinströmten, um unseren Auftritt zu sehen, klappte uns endgültig vor Staunen die Kinnlade herunter. Ein Hoch auf die ausgeklügelte Werbetaktik (wir wissen noch immer nicht genau, wie) von Nora und Sebastian und die selbst koordinierte Mundpropaganda! Diese positive Resonanz überwältigte uns schon vor dem Auftritt, sorgte aber auch für den notwendigen Adrenalinstoß. Punkt 20.00 hieß es endlich „Bühne frei!“ …

Zu Beginn trudelten die Spieler vereinzelt in den Saal, verwoben sich in einer kurzen, stummen Interaktion, bevor sie, nun zu einem gregorianischen Choral arrangiert, ein Requiem vortrugen. Bei dem Text handelte es sich um die vorher beim Publikum erfragten lateinischen Wörter equus und mortem, von der Grammatik wurde sich vorher natürlich feierlich verabschiedet. Nach dieser Einleitung stellte Christian, unser lockerzüngiger Moderator, uns der Reihe nach vor und outete die Improfrischlinge aus den Reihen des Publikums. Obwohl wir im Vorfeld von der Lockerheit der Leipziger erfahren hatten, überprüften wir dieses Gerücht, indem wir ALLE Nullen und Achten mit ihren imaginären Bauchnabelbleistiften zeichnen ließen: Ein göttliches Bild! Die obligatorische Massenmassage folgte nahtlos, damit auch letzte Verspannungen gelöst wurden. Schließlich galten die Spiele endgültig als eröffnet und Ähem war zuerst an der Reihe. Sobald die Spieler ein Ähem fallen ließen, mussten sie sofort die vom Publikum gerufenen Begriffe benutzen: eine ideale Möglichkeit, den Spielern eins auszuwischen. An dieser Stelle ein nützlicher Haushaltstipp: Curry darf man nur anflüstern, sonst verwandelt es sich in Gollum. Im Anschluss schalteten wir ins Studio von „Wer hat’s erfunden?“ und verfolgten das Live-Interview mit Sebastian (Spieler), dem Erfinder eines automatischen Wassertropfenanzuckerers, wobei er eine ausgeprägte Amnesie bezüglich seiner Erfindung demonstrierte. (Vielleicht kann der Zuschauer, der diesen ungewöhnlichen Einfall hatte, ihm bei Gelegenheit auf die Sprünge helfen 😉 ) Waghalsige Stunts ließen die Welt des Films auch ohne Leinwand lebendig werden, ABC-Schützen wurden geboren sowie Szenen pyramidisch auf- und abgebaut, bevor die wutgeladene Emotionsmaschine Spieler und Publikum in die Pause katapultierte.

Die Metapher des Hexenkessels ist ja in Showzusammenhängen kein Novum, aber die Temperatur des Großen Saals bestätigte noch einmal, wie zutreffend sie zuweilen ist. Glücklicherweise konnte an der Bar der Durst gelöscht werden, während wir, in bisheriger Auftrittstradition, unseren Zettel-Körbchen-Rundgang durch das Publikum starteten. Dieses Mal hatten wir es auf Filmzitate abgesehen, die die Zuschauer, für uns nicht sichtbar, auf die Zettel schreiben sollten.

Nach der Pause wurde dann doch die Grundfunktion des Kinos bedient und auf einer Leinwand ein Film geschaut, allerdings ohne Ton, nur die vom Publikum zufällig ausgewählten Szenen mit einer Spontansynchronisation, die von Sebastian und Michaela zum Besten gegeben wurde. Dubiose Familienverhältnisse und einer Lektion in Sachen Mülltrennung („Plaste ins Gelbe“) gaben dem Film somit eine neue Dimension. Danach wurden Flo und Christian als Marionetten gekonnt von zwei jungen, mutigen Damen aus dem Publikum in einem dramatischen Vater-Sohn-Handballduell über die Bühne bugsiert. Nun folgte Freeze-Tag, der freie Szenencocktail mit den Filmzitatsbeiträgen der Zuschauer. Diese waren sehr breit gefächert und bewiesen wieder einmal: Improtheater lebt von der Spieler-Zuschauer-Kooperation. Riesenkompliment an euren Einfallsreichtum! Im Laufe der zweiten Hälfte wurde Jana als Nashornherr mit zu kurz geratenem Horn von ihrer Psychotherapeutin Anne der Weg in eine glücklichere Zukunft gewiesen, Dornröschen gab es in neuen Genre-inszenierungen (Action-Komödie; Horrormusical) zu betrachten und letztendlich entstanden noch vom Publikum bestellte Spontan-Kompositionen neuer und absolut einmaliger Lieder. Da der Publikumsbeifall nicht enden wollte, waren noch einmal Flo, Jana und Christian an der Reihe, das Publikum in die Pfanne zu hauen: Drei Zuschauer zückten ihre Personalausweise und bekamen ihren Gesichtsausdruck (in etwas überspitzter Weise) gespiegelt. Der coole Held gewann in der letzten Szene die schöne Frau, sodass wir mit diesem glücklichen Ende die Zuschauer entließen.

Ihr wart ein gigantisches Publikum (nicht nur in der Zahl) und ihr habt unser erstes Auswärtsspiel zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht! Danke, dass ihr da wart! Wir hoffen, es hat euch gefallen und dass wir euch bald mal wieder bei einem Gastspiel in Leipzig unterhalten dürfen.

Eure Schokogurken

P.S.: Wir haben zwar kein Gästebuch hier auf unserer Seite, aber wer uns Lob, Anregungen oder Kritik aussprechen möchte, ist herzlich eingeladen die Kommentarfunktion hier zu nutzen. Dankeschön!

Kategorien: Auftritte

2 Kommentare

Flo · 15. Januar 2012 um 23:43

Liest sich sehr schön!

“….drei ps-starke Karossen….” – Dachte zuerst du meintest Autos die 3 PS stark sind! ;P

voweltowel · 16. Januar 2012 um 0:21

Das dachte ich auch!! 🙂

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